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Nach dem Buch ist vor dem Buch

Ein neues Buch zu beginnen, ist wie vor einem unausgepackten Geschenk zu sitzen

Am 19. Juni soll ja nun endlich die „Tödliche Reitkunst“ erscheinen. Ich glaube es erst, wenn ich es sehe. Den letzten Satz dazu habe ich ja bereits im September 2022 geschrieben und dachte irgendwie, dass ich „fertig“ sei. Klar, Lektoratskorrekturen, ok, aber offen gestanden dachte ich, dass das Ding bis allerallerspätestens März 2023 draußen ist. Gut, wir hatten es ja schon im letzten Blog vom Anfänger sein und Fehler machen und ich das nur von der richtigen Seite betrachten muss, um das als Chance zu begreifen.
Was fange ich jetzt damit an? Ganz klar: Ich schreibe das nächste Buch! Bis ich das fertig habe, werde ich vermutlich zum größten Teil vergessen haben, was ich bei der Veröffentlichung der Tödlichen Reitkunst gelernt habe und mindestens die Hälfte der Fehler erneut machen, um außerdem fröhlich noch ein Dutzend neuer zu erfinden.
Das neue Buch – hach, also das ist ein bisschen wie vor einem eingepackten Geschenk zu sitzen. Man hebt es hoch und prüft das Gewicht. Man dreht es, um die Form von allen Seiten zu begucken. Man schüttelt es ein bisschen – vorsichtig. Rappelt, klappert, klirrt es vielleicht? Wo fängt man mit dem Auspacken an? Erstmal die Schleife öffnen. Hm, Doppelknoten. Es mag ja schade um das schöne Band sein, aber verflixt, da braucht es eine Schere!
Das erste Quellen- und Literaturstudium hat bislang ergeben: Das Ding hat ordentlich Gewicht! Und die Form ist so eine Art Oktogon, würde ich sagen. Meine historischen Hauptfiguren, William Cavendish, Duke of Newcastle und seine zweite Frau Margaret verfügen über richtig viel Hintergrund! Welch Potential steckt hinter eine Mad Maggie, wie Margaret von Zeitgenossen genannt wurde!
Dazu die fiktiven Figuren: Ein Protagonist, der täglich mehr Gestalt annimmt. Eine Protagonistin, von der ich bislang immer nur einen Blick auf den Rockzipfel oder ein Haarband erhasche, ehe sie schon wieder hinter einer Ecke verschwindet. Eine Zeit von Bürgerkrieg, Revolution und Umbruch. Auf dem Kontinent tobt zumindest am Anfang der Geschichte noch der Dreißigjährige Krieg und in England werden vorübergehend die Stuarts entmachtet, Charles I verliert seinen Kopf auf dem Schafott, die übrigen Mitglieder der Königsfamilie und viele Royalisten gehen ins Exil nach Frankreich und die Niederlande. Lordprotektor Oliver Cromwell übernimmt mit dem Parlament die Regierung über England. Dann, nur 5 Jahre später, stirbt Cromwell und nach kurzem Chaos restauriert man die Stuarts und die Monarchie.
Gegenüber den Verhältnissen in „Tödliche Reitkunst“, die in einer sehr beständigen, fast schon behäbig zu nennenden Epoche der französischen Geschichte spielte, wird es in diesem Buch geschichtlich drüber und drunter gehen. Wie kriege ich da eine Story rein? Wie vermeide ich, dass es ein Geschichtsbuch wird – etwas, was viele Historische Romane in meinen Augen ziemlich dröge machen kann. Andererseits wäre es verschenktes Potenzial, die wechselhaften historischen Gegebenheiten zu übergehen. Es rappelt und scheppert also gewaltig in meinem schweren, unförmigen Geschenk! Und ich freue mich ganz gewaltig darauf, es jetzt endlich auszupacken, sprich, mit dem Schreiben des ersten Kapitels bald zu beginnen! Ich will natürlich auch hier viel „besser“ arbeiten als beim Erstling „Tödliche Reitkunst“. Bei der habe ich fröhlich drauflosgeschrieben und nach 100 Seiten musste ich feststellen, dass meine vorgestellte Story damit praktisch aufgebraucht war und nichts mehr hergab. Was ich damals lernte war: Wenn ich eine vermeintliche Schreibblockade habe liegt das daran, dass meine Geschichte in die falsche Richtung läuft und so nichts taugt. Auf einem Hundespaziergang kam mir ganz plötzlich eine völlig andere Idee. Ich ging heim, beförderte 70 geschriebenen Seiten in ein anderes Dokument (und schmiss sie irgendwann ganz weg) und schrieb neu. Dieser Weg erwies sich dann als tragfähig für die nächsten 700 Seiten.
Ob mir das bei der neuen Reitkunst wieder so gehen wird? Ja, es gibt Leute, die können plotten. Ich nicht. Ihr werdet es sicher erleben, denn dieses Mal werdet ihr, ob ihr wollt oder nicht, in den Schreibprozess mit eingebunden. Zumindest, wenn ihr weiter diesen Blog lest. Zu Risiken und Nebenwirkungen…

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