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Falsche Richtung?

Warum spontan loszulegen manchmal gut ist

„Wenn die Richtung nicht stimmt, nützt auch galoppieren nichts“, sagt ein Sprichwort. Ja, ja, das stimmt natürlich. Aber mal ehrlich: Wenn ein Galopp einfach sehr, sehr schön ist, kann einem die Richtung doch auch mal kurzfristig egal sein, oder nicht? Nicht immer über alles fünfmal nachdenken, alle Für und Wider abwägen, drei Expertenmeinungen einholen und eine Versicherung abschließen – irgendwie ist das so gängig geworden. Wir rufen uns nicht einmal mehr gegenseitig spontan an, sondern klären vorher mit WhatsApp, ob und wann es denn genehm sein könnte! Spontaneität geht darüber komplett verloren und so mancher Spaß auch. In vollem Drive einfach mal lospreschen, hey, das kann einfach auch mal gut für die Seele sein!
Aber was hat das jetzt mit dem Schreiben zu tun? Ich fürchte, mit meiner Art zu schreiben, einiges. Viele KollegInnen plotten ja. Manche bis ins letzte Detail. Das Buch wird dann gewissermaßen rückwärts geschrieben und alles geht dann ganz glatt vonstatten. Große Änderungen im Nachhinein sind dann nicht mehr nötig, die Geschichte steht schon, ehe der erste Satz wirklich in die Tastatur fällt. Sehr professionell, sehr ökonomisch.
Als ich mit „Der Anteil der Engel, Tödliche Reitkunst 1“ anfing, hatte ich zumindest ein grobes Handlungsgerüst in eine Datei geschrieben. Das ging dann rund 100 Seiten lang gut, ich schrieb lustig drauflos, der Galopp war, sozusagen, gut. Aber dann stand ich plötzlich vor einer Wand und wusste nicht, was ich noch schreiben sollte. Mein Plot hatte sich erschöpft. Der Galopp war vorbei. Schreibblockade, oder was?
Auf einem Hundespaziergang fielen mir plötzlich lauter Handlungsstränge ein, die viel besser waren. Drei Tage schlich ich um den Rechner herum – dann löschte ich zwei Drittel dessen, was ich schon geschrieben hatte (falsch, ich verschob es feige in eine gesonderte Datei in der Hoffnung, es doch noch verwenden zu können), und schrieb fast alles neu. Den größten Teil habe ich nie wieder verwendet und ein Teil von dem, was erst noch erhalten blieb, flog schlussendlich doch noch heraus. Alles für die Katz? Nein! Ich habe immer etwas dabei gelernt!
Und das ging mir im Laufe des Großprojekts noch einige Male so. Es war ein Haufen Arbeit, beim Überarbeiten alles anzugleichen, Übergänge zu glätten, Sinnzusammenhänge zu verknüpfen und alles zu einem Ganzen zu verbinden.
Trotzdem war der Schreibprozess immer dann am tollsten, der Galopp am wildesten, wenn ich neue Eingebungen hatte, was die Handlung besser machen könnte, selbst wenn es hieß, nochmal neu zu schreiben, nochmal zu überarbeiten, nochmal dran zu gehen!
Als ich vor 2 Monaten mit meinem Blog-Krimi „Die Salonniére“ begann, sollte alles viel besser organisiert werden! Ich setzte mich hin, plottete sorgfältig, überlegte mir die Handlung genau, recherchierte und schrieb dann mit Bedacht das erste Kapitel. Und langweilte mich fast sofort. Ein Galopp kam erst gar nicht auf, bestenfalls ein müder Trab. Bis mich ein Gedanke streifte – „aber wenn ich das so mache und wenn das gar nicht….“ – , sich meine Finger auf der Tastatur wieder selbstständig machten und mein Kreativpferd wieder volle Kanne mit mir durchging! Tja, liebe LeserInnen meines Blog-Romans: Der Galopp war wunderschön. Aber leider muss ich nun feststellen, dass ich mal wieder die falsche Richtung genommen habe. Was in einem anderen Roman vielleicht nicht so schlimm wäre, ist im Genre Historischer Roman einfach nicht immer machbar, einfach weil die geschichtlichen Fakten anders aussehen. Darum bitte ich um Nachsicht, wenn ich euch, liebe LeserInnen, nun zumuten muss, ein paar Überarbeitungen der vorangegangenen Kapitel hinzunehmen, damit die Richtung dann wieder stimmt. Ich stelle sie euch im Laufe der Woche in einem gesonderten Blogbeitrag online. Danach geht es weiter und ich verspreche: Auch der nächste Galopp wird dann wieder schön!

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